Wie man sich als Grafiker selbst ins Aus schießt

Wie man sich als Grafiker selbst ins Aus schießt

Alessandro Bonaccorsi Veröffentlicht am 4/24/2024

Grafikdesign wird oft als äußerst kreativer und trendiger Beruf angesehen, der zudem viel Spaß macht. Grafiker betrachten sich oft als begnadete Künstler und kleine Genies: Sie sind sich bewusst, dass ihr Publikum ihre Werke betrachten und berühren wird, und dass ihre Arbeiten bestimmte Gedanken und Emotionen beim Betrachter hervorrufen sollen. Doch zwischen dem kreativen Prozess und der Verbindung zum Publikum, zwei aufregenden und fantastischen Aspekten, steht ein weiterer oft vernachlässigter Bereich: die Umsetzung oder die Erstellung der Druckdatei. Alle kreativen Gefühle weichen kaltem Schweiß: Was passiert, wenn beim Druck etwas schiefgeht? Habe ich einen Fehler gemacht? Wird das Endprodukt so aussehen, wie ich es mir vorgestellt habe… oder doch nicht?!!! Von diesem Moment an beginnt ein Gefühl der Beklemmung, das erst endet, wenn wir das gedruckte Werk in den Händen halten. Selbst nach langjähriger Erfahrung bleibt die quälende Angst, etwas falsch gemacht zu haben. Die Zeiten haben sich zweifellos geändert, und noch vor 20 Jahren konnten Fehler im Druckauftrag einen ganzen Arbeitstag beeinträchtigen. Heutzutage ist es dank der digitalen Technologie einfacher, Druckfehler direkt während der Bearbeitung zu korrigieren. Dennoch können manche Fehler erst beim Endprodukt erkennbar werden.

Welche Fehler begehen wir häufig, wenn wir eine Datei zum Druck senden? Dies möchten wir genauer betrachten.

  • Die Druckdatei im RGB-Farbprofil anzulegen

Dies ist einer der häufigsten Fehler. Oft wird dieser Aspekt vernachlässigt, während man zwischen Photoshop und Indesign wechselt. Dennoch kann die Verwendung des falschen Farbmodells weitreichende Konsequenzen haben. Zur Erinnerung: RGB ist ein additives Farbmodell, das mit Licht arbeitet und auf Bildschirmen verwendet wird, während das CMYK-Farbmodell ein subtraktives Modell ist, das im Druck verwendet wird und bei dem die Farben aus Pigmenten bestehen. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Farbmodellen können erheblich sein, insbesondere bei der Darstellung bestimmter Farben wie Grün-, Blau- und Rottönen. Was auf dem Bildschirm sichtbar ist, kann sich daher stark von dem unterscheiden, was am Ende gedruckt wird. Konvertieren Sie Ihre Druckdateien daher immer in den CMYK-Farbmodus.

Quelle: Adobe Technical Guides
https://dba.med.sc.edu/price/irf/Adobe_tg/models/rgbcmy.html
  • Die Ausrichtung oder Seitenfolge eines Faltblatts falsch anzulegen

Das Layout von Faltblättern, selbst mit dem klassischen Zickzackfalz, ist nicht ganz einfach. Es ist wichtig, die Druckrichtung und die Öffnung des Faltblatts zu beachten. Besonders Anfänger machen hier oft Fehler. Machen Sie daher immer einen Probedruck, um zu überprüfen, wo der Falz liegen muss und wie das Layout der Seiten ausgerichtet sein muss. Dies erleichtert Ihnen die Arbeit in Illustrator oder Indesign.

Unglaubliche Faltkunst: Flyer des Independent Film Festival in London, entworfen von Tim Clark Quelle: https://www.behance.net/gallery/18496733/Folding-Leaflet-Independent-Film-Festival
  • Die Beschnittzugabe zu vergessen

Ein klassischer Anfängerfehler ist es, eine Datei ohne Beschnittzugabe zum Druck zu senden. Eine um 1 mm verschobene Schnittlinie mag unbedeutend erscheinen, aber das Fehlen der Beschnittzugabe fällt stark auf. Es entsteht eine störende weiße Linie am Rand, die das Designprojekt beeinträchtigen kann, selbst wenn der gesamte Hintergrund weiß ist!

  • Nicht anzurufen

Wir erstellen die Datei am Computer, geben online unsere Bestellung auf und versenden eine E-Mail. Fertig, die Datei ist abgeschickt und wir können uns ein wohlverdientes Feierabendbier gönnen. Es läuft ja ohnehin alles ganz automatisch ab, oder? Dabei vergessen wir, dass am anderen Ende jemand unsere Datei erhält, diese öffnet und kontrolliert (manche Anbieter führen eine automatische Kontrolle durch). Böse Überraschungen und Pannen lassen sich vermeiden, wenn wir die Hinweise und Richtlinien des Druckdienstleisters unserer Wahl sorgfältig durchlesen und nicht vergessen, dass es die Möglichkeit gibt, zum Hörer zu greifen oder technische Fragen per E-Mail zu klären. Wir sollten Druckaufträge als eine Art Gemeinschaftsarbeit betrachten. Je besser die Kommunikation zwischen Grafiker und Druckdienstleister, desto besser das Endprodukt.

Plakat von Edward McKnight Kauffer für das britische General Post Office, 1937. Quelle: https://collection.cooperhewitt.org/objects/18448245/
  • Die falsche Datei in den Druck zu senden

Dieser Fehler tritt häufiger auf, als man denkt, und kann mit etwas Organisation leicht vermieden werden. Benennen Sie die Dateien in fortlaufender Reihenfolge, zum Beispiel mit 0 oder 1 für den ersten Entwurf und so weiter, mit dem Datum der Bearbeitung oder mit speziellen Kennungen für verschiedene Bearbeitungsschritte (Entwurf -> Finale Datei -> Druckdatei).

  • Farben falsch einzusetzen

Farben können auf verschiedene Weise falsch eingesetzt werden. Das Problem ist, dass alle Farben auf dem Bildschirm lebendig und kräftig erscheinen. Dies ist zum Teil auf die Hintergrundbeleuchtung zurückzuführen, aber vor allem bei Bildschirmen aus Glas ist die Farbwiedergabe beeindruckend. Bevor Sie Ihr Design drucken lassen, müssen Sie die Matte des Papiers, die verschiedenen Lichtbedingungen, die Tintenergie und das bekannte CMYK-Farbmodell berücksichtigen. Es kann vorkommen, dass das Druckergebnis Ihre Erwartungen enttäuscht. Daher ist es wichtig, sich der “Farbfallen” bewusst zu sein und besonders auf diese Punkte zu achten:

  • Besonders helle Farben können beim Druck noch heller erscheinen.
    Text und Hintergrund müssen ausreichend kontrastreich sein, da gewagte Farbkombinationen
  • auf dem Bildschirm lesbar sein können, im Druck jedoch nicht.
  • Seien Sie vorsichtig bei der Auswahl von Grüntönen, da die Vielfalt beim Druck stark eingeschränkt ist.
  • Auf besonders saugfähigem Papier können dunkle Farben verlaufen, noch dunkler erscheinen oder an Detailtreue verlieren.
  • Schwarz ist beim Drucken eine Herausforderung.
Ein Plakat mit besonders schwierigen Druckfarben Design von Yutaka Satoh Quelle: https://571-0.tumblr.com/post/37703740474/design-yutaka-satoh

Dies sind nur einige Beispiele für die häufigsten Fehler, die beim Senden von Dateien zum Druck auftreten können. Manchmal lassen sie sich auch mit größter Sorgfalt nicht vermeiden (wenn die Deadline naht und wir bereits erschöpft sind). Wir empfehlen daher, einen besseren Überblick über den Prozess zu bekommen, indem Sie standardisierte Arbeitsabläufe entwickeln, die Sie immer wieder anwenden. Verwenden Sie außerdem alle verfügbaren Tools in der Software zur Dateiprüfung (wie z. B. die PreFlight-Prüffunktion in Indesign) und erstellen Sie einen Probedruck. Es wäre schade, wenn Ihre gesamte Arbeit am Ende im Druck nicht richtig zur Geltung käme…